STERNSCHNUPPENSTUNDEN

von RACHEL MCINTYRE

 

Magellan Verlag (www.magellanverlag.de)

Erschienen im Februar 2015

ISBN 978-3-7348-5007-3

Format: gebunden

Preis: 16,95 Euro

Seiten: 304

 

 

Nachdem ich die ersten paar Seiten dieses Romans gelesen hatte, glaubte ich noch, es handele sich hierbei um eine locker-leichte Teenie - Romanze (zugegeben laut Klappentext mit einem etwas delikaterem Thema), kurz: ein Buch, mit dem man für ein paar Stunden den Alltag Alltag sein lassen kann und eine gemütliche Zeit auf dem Sofa verbringt.

Weit gefehlt! Sehr weit! Denn es ist viel mehr als das.

 

Die Geschichte macht betroffen und klingt nach. Regt zum Nachdenken an und lässt einen ratlosen Leser zurück. Einen Leser, der sich fragt "Bin ich auch einer von denen, die weggucken? Gibt es sowas auch in meinem näheren Umfeld?". Denn locker-leicht ist dieses Buch - stellenweise. Eine Romanze ist auch vorhanden. Das Hauptthema ist jedoch kein schönes: Mobbing. Mobbing, das sich von Hänseleien über Beleidigungen und Schikanen bis hin zu Demütigungen, Drohungen und tätlichen Angriffen steigert.

Meiner Meinung nach handelt es sich bei Mobbing um ein äußerst wichtiges Thema, das so, wie es in "Sternschnuppenstunden" beschrieben ist, nur leider allzu häufig der Realität entspricht.

 

Dieser Roman wird dem Leser als Tagebuch präsentiert. Als Tagebuch der fast 16jährigen Lara, die sich selbst und ihren Mitmenschen etwas vormacht. Lara möchte gerne die Toughe sein. Das Mädchen, das sich nichts gefallen lässt, das seinem Weg geht und dem niemand etwas anhaben kann. So will sie `rüberkommen und so schreibt sie auch in ihr Tagebuch. Sie hat eine dermaßen sarkastisch-zynisch-selbstironisch-flapsige Art an sich, dass man sie einfach gerne haben muss. Schnell wird dem Leser jedoch klar, dass Lara sehr verzweifelt sein muss, wenn sie noch nicht mal ehrlich zu sich selbst ist. Wenn sie in ihrem Tagebuch, das ausschließlich für sie bestimmt ist, die Dinge nicht beim Namen nennt, sondern geradezu auf die Schippe nimmt.

Denn Lara ist ein Mobbing-Opfer.Ihre familiäre Situation allein ist schon der pure Stress für sie, denn seit die Firma ihres Vaters pleite ist und die Familie in ein Viertel mit Sozialwohnungen ziehen musste, hängt der Haussegen schief. Es ist nie genug Geld da, die Eltern streiten nur noch und der Vater trinkt ganz entschieden zu viel Alkohol. Aber als ob das noch nicht genug wäre, begegnet ihr ihr persönliches Grauen auch noch jeden Tag in der Schule in Gestalt von Molly. Molly, die Anführerin, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Lara, der rothaarigen Bohnenstange mit dem unmöglichen Nachnamen, das Leben zur Hölle zu machen. "Warum?", fragt man sich und kommt zu dem Ergebnis, dass es eigentlich gar keinen Grund gibt. Es sei denn, eine gute Schülerin zu sein, ist Grund genug, jemanden auf`s Übelste zu mobben.

Und das ist das Erstaunliche an der Geschichte: obwohl Lara immer schlimmer mitgespielt wird, ist sie eine Einser-Schülerin, die auch noch vor der Schule Zeitungen austrägt und sich regelmäßig um ihre Großmutter kümmert. Sie weiß um die schlechte finanzielle Situation ihrer Eltern - und genau da liegt das Problem. Um sich die teuren Gebühren für Laras Privatschule leisten zu können, schuftet sich ihre Mutter als Putzfrau den Buckel krumm. Ausgerechnet bei Mollys Familie, für die diese Tatsache natürlich ein gefundenes Fressen ist. Lara würde am liebsten auf eine andere und vor allem staatliche Schule gehen, will aber ihre Eltern nicht enttäuschen. Deshalb sagt sie nichts. Und leidet still vor sich hin. Denn auch die auf wahnsinnig selbstbewusst getrimmten Tagebucheinträge können nicht darüber hinweg täuschen, dass es ihr verdammt schlecht geht. Sie hat niemanden, der zu ihr steht und nur ihr Tagebuch als ihren Vertrauten. Aber wenn man es genau nimmt, lügt sie ja selbst das an. Ich habe mich mehrmals gefragt, wie sie dieses Leben überhaupt aushalten kann?

Denn trotzdem geht sie jeden Morgen in die verhasste Schule und versucht, den Tag irgendwie zu überstehen. Als dann aber Molly ihre Freunde von der nahe gelegenen Jungenschule in die Mobbingattacken involviert und dieser Teenie-Haufen sich gegenseitig dazu anstachelt, Lara immer mehr zu quälen, ist diese kurz davor, aufzugeben. Richtig aufzugeben!

Aber dann kommt eines Tages der Lichtblick: der neue Englischlehrer Mr. Jagger betritt den Raum und alle Mädels sind schlagartig bis über beide Ohren verliebt. Ben Jagger hat seinen ersten Lehrauftrag und ist nur sieben Jahre älter als seine Schülerinnen, was ihn zum Anschmacht-Objekt Nummer 1 macht.

Und vor allem guckt er nicht weg. Er bemerkt sehr schnell, wie es um Lara steht und sucht immer wieder den Kontakt zu ihr. Er will ihr helfen und sie beschützen, wird aber von ihr ständig abgeblockt. Natürlich ist auch Lara in Ben verknallt und will nicht, dass er über ihre Situation Bescheid weiß.

Als er schließlich doch den Zugang zu ihr findet, ist klar, dass die ganze Geschichte unaufhaltsam auf ein böses Ende zusteuert. Denn plötzlich geht es nicht mehr ausschließlich um Mobbing. Plötzlich ist viel Größeres im Spiel.

 

Trotz der großen Vielfalt an sehr ernsten Themen in diesem Buch habe ich fast jede einzelne Seite genossen. Ich habe mit Lara gelitten, mit ihr gefiebert und gehofft. Ich hätte am liebsten zwischen ihr und ihren Eltern vermittelt, wenn sich mal wieder niemand traute, Tacheles zu reden. Ich mochte Ben von Anfang an und habe mich jedes mal gefreut, wenn er "zu Wort" kam. Kurz: ich hatte eine wirklich tolle Zeit mit "Sternschnuppenstunden".

 

Aber dann kam das Ende. Und das hat mir überhaupt nicht gefallen. Ich habe meine Lieblingsprotagonistin Lara plötzlich nicht wiedererkennen können. Das sollte die Lara sein, mit der ich mich das ganze Buch über verbündet habe?

Diese eine letzte Sache.....nein, das passte einfach nicht zu ihr. Vielleicht denkt Ihr ja genau wie ich? Dazu solltet Ihr aber erst das Buch lesen, das ich Euch trotz des Endes sehr ans Herz legen möchte. Weil es einfach eine mitreißende Geschichte beinhaltet und weil es schon allein von der Aufmachung her hochwertig und ein absolutes Schmuckstück ist.

 

MEIN FAZIT: 4,5/5 BÜCHEREULEN

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