SELECTION (Band 1)
von KIERA CASS

Fischer Sauerländer Verlag (www.fischerverlage.de)
Erschienen im Februar 2013
ISBN 978-3-7373-6188-0
Format: gebunden
Preis: 16,99 Euro
Seiten: 368

Aus dem amerikanischen Englisch von Angela Stein
Titel der Originalausgabe: The Selection 



Im Frühjahr 2013 schwappte die Selection - Welle durch's Internet und wurde zu einem reißenden Strom. Bloggerinnen und Leserinnen (....ja, es ist ein Mädchenbuch) waren hingerissen und träumten fortan wieder den Prinzessinnentraum vom strahlenden Prinzen auf dem weißen Gaul. Und wollten mehr, mehr, mehr! Sie sollten es bekommen, denn nun im Juli 2015 ist der bereits heißersehnte vierte Teil der Selection - Reihe herausgekommen. Grund genug für mich, mich mal etwas näher mit diesem New York Times Bestseller zu beschäftigen.

Da Dystopien ja besonders unter jungen Menschen seit einiger Zeit bzw. seit den Tributen von Panem ganz schwer angesagt sind, wurde Selection ebenfalls als Buch dieses Genre angepriesen.

                                                                                Eine Dystopie oder Anti-Utopie ist in der
                                                                            Literaturwissenschaft eine fiktionale, in der                                                                                                                                                            Zukunft spielende Erzählung mit oftmals
                                                                            negativem Ausgang. Sie handelt von einer 
                                                                                 Gesellschaft, die sich zum Negativen ent-
                                                                               wickelt.........
                                                                                                                                           Quelle: Wikipedia 

Hmmmm....dass es sich hier tatsächlich um eine Dystopie handelt, würde ich so nicht unterschreiben. Vielmehr ist es ein modernes Aschenputtelmärchen, gewürzt mit einer ordentlichen Prise "Der Bachelor" und ein wenig "Die Tribute von Panem", das irgendwann in der Zukunft datiert ist.
In der Zukunft des Staates Illeá, der wohl im heutigen Amerika liegt. Die Menschen gehören Kasten an, wobei die erste und reichste Kaste dem Königshaus vorbehalten ist und die Menschen der niedrigsten achten Kaste Tagelöhner oder Obdachlose sind. Bettelarm natürlich (Zur Erinnerung: in Panem war's ähnlich - da ging's von Distrikt 1 = reich bis Distrikt 12 = bettelarm). In den Kasten dazwischen gehen die Menschen den für sie typischen Berufen nach. Ein sozialer Aufstieg in eine höhere Kaste ist in diesem System sehr schwer.

Dann tun sich aber ungeahnte Möglichkeiten auf: Prinz Maxon, der Thronfolger, sucht eine Frau und hat anscheinend zuviel ferngesehen. Denn nun geht sie los, die "Bachelor" - Show in Buchform: aus jeder Provinz des Landes wird ein Mädchen ausgewählt, um sich dann in einem Auswahlverfahren zusammen mit 34 anderen Mädchen die Liebe des Prinzen zu erkämpfen. 35 Mädels über Wochen zusammen - tja, hier wäre genug Raum für Ränkespiele, Zickereien und Intrigen gewesen. Vielleicht hätte das mal jemand der Autorin sagen sollen....
Falls Euch da etwas vage bekannt vorkommt: Ja, auch bei den Tributen von Panem ging es um ein Auswahlverfahren zwischen Jugendlichen. Nur etwas blutiger. Und auch dort winkte dem Gewinner samt seiner Familie ein Aufstieg in die allerhöchsten Kreise.

Eine einmalige Chance also! ....die unsere Hauptprotagonistin America Singer jedoch nicht ergreifen will. Was soll sie denn mit dem doofen Prinzen, wenn sie doch heimlich mit dem tollsten Typen der Welt zusammen ist? Aspen ist zwar eine Kaste unter ihr und die beiden brechen Gesetze, um sich zu sehen, aber was macht das schon?
Ansonsten ist America das wandelnde Good Girl - Klischee:
atemberaubend hübsch, megaschlank, total klug, begabt, strebsam, fleißig, usw. Ausgestattet mit einem minimalen Quäntchen an Aufmüpfigkeit, das gerade noch als niedlich durchgeht.
Liebe Autoren! Aalglatte Protagonisten ohne Ecken und Kanten sind todlangweilig!


Von ihren Eltern dazu gedrängt, bei dieser Brautschau mitzumachen, meldet America sich an - in dem Glauben, sowieso nicht ausgewählt zu werden. Aber - Ihr ahnt es bereits - natürlich wird sie doch ausgewählt und zieht bald schon mit den 34 anderen Mädchen im königlichen Palast ein. 

Hat jemand von Euch "Der Bachelor" gesehen? Dort hat der suchende Mann eine ganze Schar Frauen um sich herum, veranstaltet zum besseren Kennenlernen Einzeldates und wählt die Frauen, die nicht in die engere Auswahl kommen, nach und nach raus. Die verbleibenden Frauen zicken sich derweil ordentlich an. Totaler TV-Trash und fast 1:1 im Buch übernommen. Hier fehlen nur die Zickereien; es war alles viel zu harmlos zwischen den Mädels. Denn gerade in solchen Szenarien hätte die Autorin ruhig aus den Vollen schöpfen können. Aber nö, die zukünftigen Prinzessinnen müssen sich ja (fast) alle anfreunden und nur eine tanzt ein bisschen aus der Reihe. Das Konfliktpotential wurde hier völlig verschenkt. Und natürlich ist auch ein Fernsehteam vor Ort, damit sämtliche Einwohner Illeás immer über Maxons Fortschritte in Sachen zukünftige Braut informiert sind. Geht es noch offensichtlicher?

America macht gute Mine zum bösen Spiel und arrangiert sich gezwungenermaßen mit dem einen (Maxon), obwohl sie den anderen (Aspen) liebt. (Kennt Ihr bereist ? Ich auch: Bei den Tributen von Panem arrangiert sich Katniss ebenso gezwungenermaßen mit dem einen obwohl sie einen anderen liebt.)

Ihr merkt es schon, mir gefiel dieses Buch einfach nicht. Eine supertolle America, ein ewig glucksender und kichernder und "Meine Liebe, wie geht es Ihnen...." sagender Prinz Maxon und 34 andere Mädchen, die man alle über einen Kamm scheren kann, da keiner der Charaktere irgendwie hervorsticht? Nein, es ist mir völlig unbegreiflich, wieso diese Buchreihe so erfolgreich ist. Meiner Meinung nach muss man sich bei der Lektüre weder konzentrieren, noch regt sie zum Denken an.

Dass sich das Ganze in der Zukunft zuträgt, bekommt man nur am Rande mit. Die Entstehung des Staates Illeá wird kurz angerissen und es ist die Rede davon, dass nun endlich mal die Autobahnen, die im vierten (!!!) Weltkrieg zerstört wurden, saniert werden sollen. Ansonsten fahren die Mädchen mit Autos oder im Zug, haben Smartphones und schreiben Briefe. Ziemlich einfallslos, oder? 
Die Regierung scheint eine recht wohlgesonnene zu sein, daher frage ich mich wirklich, wieso dieses Buch als Dystopie angepriesen wird?

Es passiert auch sonst nicht besonders viel und somit hatte ich beim Lesen ständig das Gefühl, mich im Kreis zu drehen. Auf 366 Seiten wird der Palast zwar zweimal von Rebellen überfallen, aber dazu sagt das Königspaar nur "Huch!" und verschanzt sich mit den Mädchen in irgendeinem Zimmer bis die Rebellen wieder abziehen. Auch hier wäre doch Raum für wirklich mitreißende Szenarien gewesen. Leider wurde ich abermals enttäuscht. 
Wer allerdings Schminke, Schmuck und Klamotten liebt, dem sei dieses Buch empfohlen, denn der Style der Mädchen wird sehr oft erörtert. Zu oft. Ziemlich unspannend, sowas.

Platt, nichtssagend, uninteressant - daher lautet MEIN FAZIT: 1,5/5 BÜCHEREULEN 




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