DER KAISER VON CHINA

von TILMAN RAMMSTEDT


Rowohlt Taschenbuch Verlag (www.rowohlt.de)

Erschienen im August 2010

ISBN 978-3-499-25353-9

Format: Taschenbuch

Preis: 8,99 Euro

Seiten: 208



Keith Stapperpfennig sitzt in der Patsche. Und zwar knietief. Alle Welt denkt, er befände sich zusammen mit seinem Großvater auf einer Rundreise durch China. Doch die Realität sieht ein wenig anders aus, denn Keith gibt nur vor, verreist zu sein. Stattdessen harrt er seit geraumer Zeit unter dem Schreibtisch im Gartenhaus seines Großvaters aus, hält sich von den Fenstern fern und sieht dem Telefon beim Klingeln zu.
Wie es dazu kam? Keith wuchs zusammen mit seinen vier Geschwistern beim Großvater auf, einem äußerst exzentrischen Mann, der eine riesige Angst vor'm Alt werden hat. Vermutlich dadurch wurden die Großmütter auch immer jünger (mit der gerade aktuellen hat Keith ein Verhältnis).
Zum 80sten Geburtstag des alten Herren wollte die Enkelschaft nun auftrumpfen und schenkte eine Reise zu einem Ziel nach Wahl. Ausgerechnet China sollte es sein. Und Keith sollte mit.
Der sammelte zwar brav das Reisegeld von den Geschwistern ein, dachte aber gar nicht daran, den Großvater zu begleiten. Schlimmer noch: Keith verzockte die komplette Reisekasse zusammen mit der aktuellen Großmutter im Kasino und tauchte anschließend unter. Unter den Schreibtisch. 
Den Großvater, der sich in den Kopf gesetzt hatte, mit dem Auto nach China zu fahren, liess er allein ziehen. 
Und als ob es damit nicht schon genug Probleme für Keith gäbe, spricht ihm auch noch eine Dame auf den Anrufbeantworter, er solle dringend in den Westerwald kommen, um dort die Leiche seines Großvaters zu identifizieren. 
Nun ist es also an Keith, den Geschwistern glaubhaft zu machen, die Reise nach China hätte tatsächlich stattgefunden. Und so schreibt er Briefe und erzählt darin aus einem fiktiven China. Und verknüpft auch gleich noch den erfundenen Werdegang des Großvaters in einem Wanderzirkus und dessen große Liebe zur chinesischen Gewichtheberin mit der niemals stattgefundenen Reise.

Tilman Rammstedt hat einen Humor und Wortwitz, den man einfach mögen muss. Unglaublich, welch eine Masse an exzentrischen Personen er in diesem, mit nur 200 Seiten recht kurzen, Roman erschafft, ohne dass der Leser irgendwann entnervt aufgibt. Gerade der Großvater, der sich jedes Mal auf's Neue freut, wenn er wieder einen seiner Bekannten überlebt hat, Todesanzeigen sammelt und seinen Ziehkindern bei jedem kleinen Husten eine unheilbare Krankheit einredet, ist mir sehr ans Herz gewachsen. 
Und dann das China, das Keith erfindet! Also, wenn es da wirklich so lustig wäre, würde ich auch dahin wollen.
Trotzdem merkt man gerade zum Ende hin, dass Keith in seinen Briefen auch Abschied nimmt von dem Mann, der ihn aufgezogen hat, der seine Nerven grundsätzlich arg strapaziert hat, der seine Freundinnen schamlos angegraben hat und den er trotz allem geliebt hat.

MEIN FAZIT: 4/5 BÜCHEREULEN