UNTER FRAUEN
von ALEXANDER BROICHER

Deutscher Taschenbuch Verlag (www.dtv.de)
Erschienen im Juni 2015
ISBN 978-3-423-21592-3
Format: Taschenbuch 
Preis: 8,95 Euro
Seiten: 176



Okay, mit dieser Geschichte wurde mit Sicherheit nicht das Rad neu erfunden, denn Männer, die sich als schwul ausgeben, um damit irgendetwas bestimmtes zu erreichen, kennt man aus Filmen und Büchern ja nun schon. Das ist also wirklich nichts Neues. Interessant ist in diesem Fall, was der Autor daraus gemacht hat.

Tja, was soll ich sagen? Es ist eine absolut klischeehafte und vorhersehbare Geschichte. Aber das muss ja nicht unbedingt schlecht sein, oder? Denn außerdem gibt es auch noch jede Menge Situationskomik, witzige Dialoge und ziemlich schräge Protagonisten. Und wenn ich eins mag, dann sind das so richtig schrullige Charaktere, mit denen man im richtigen Leben nichts zu tun haben will, die man aber im Buch liebt - dafür, dass sie den anderen Charakteren das Leben zur Hölle machen. 

Marion ist so eine Anti-Type. Sie bewohnt zusammen mit Tessa und Isabell eine Traumwohnung in Hamburg und die drei haben ein Zimmer zu vergeben. 
Das trifft sich gut, denn Till, arbeitsloser Chemielaborant, gerade von seiner Freundin gegen deren Chef "eingetauscht" und bei seinem Kumpel höflich aufgefordert worden, sich nun endlich mal was Eigenes zu suchen, braucht ein Zimmer. Dringend.
Dumm nur, dass die Mädels-WG auch eine solche bleiben will und dauerhaft dort wohnende männliche Wesen daher nicht erwünscht sind. Till sieht schon seine Felle davonschwimmen, als ihm ein Geistesblitz kommt: "Ich bin schwul." behauptet er und überlegt im nächsten Moment fieberhaft, ob er sich zuvor eventuell zu männlich benommen hat? Hat er offensichtlich nicht, denn er bekommt das Zimmer. Wenn auch mit Zähneknirschen und Ablehnung von Marions Seite. Denn die glaubt und traut ihm nicht und hält mit ihrer Meinung auch nicht hinter'm Berg.

Till und Marion - eine Konstellation, die für ordentlich Zündstoff in der Geschichte sorgt. Es wird geätzt und gepiesackt und als Till der überzeugten Vegetarierin unwissentlich Fleisch unterjubelt, ist der Ofen ganz aus.

Aber der Clinch mit Marion reicht natürlich noch nicht, denn Till lässt auch sonst kein Fettnäpfchen aus und hangelt sich zudem von Notlüge zu Notlüge. Auch seine neue Arbeitsstelle ist nach fünf Tagen schon wieder Geschichte und am Ende landet er sogar im Knast - weil er ein Küken gerächt hat. Ein ziemlich durchgeknallter Typ, dieser Till, aber man mag ihn einfach, weil er daherkommt wie ein tapsigen Hundewelpe.
Natürlich (Hallo, Klischee!) verliebt er sich auch direkt in eine seiner neuen Mitbewohnerinnen, was aber ja nicht sein darf, da er offiziell immer noch schwul ist. Was für ein Dilemma!

Interessant ist es, die ganze Geschichte aus Tills Sicht erzählt zu bekommen. Denn er ist zwar ein kleiner Chaot, der von einer schrägen Situation in die nächste stolpert und das Pech anscheinend magisch anzieht, aber das Zusammenleben mit einer, die Haare auf den Zähnen hat, einer, die selbstverliebt und bindungsunfähig ist und einer, die so süß ist, dass er sich Hals über Kopf verliebt, ist mit Sicherheit kein Zuckerschlecken. Aber sehr unterhaltsam. 

Genau das richtige Buch, um mit einem Glas Rotwein an einem lauen Sommerabend auf dem Balkon oder der Terrasse für einige Zeit dem Alltag zu entfliehen und mit Sicherheit auch für männliche Leser geeignet. 

Ich habe mich wunderbar amüsiert und diesen Roman wirklich gerne gelesen, daher lautet MEIN FAZIT: 4/5 BÜCHEREULEN 





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