DIE KULINARISCHEN ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN EINER KANONENKUGEL

von ELI BROWN


Droemer Verlag der Droemerschen Verlagsanstalt (www.droemer.de)

Erschienen im November 2014

ISBN 978-3-426-19950-3

Format: gebunden

Preis: 19,99 Euro

Seiten: 384



Schon allein der Titel ist bei diesem historischen Roman ja nun wirklich alles andere als gewöhnlich, findet Ihr nicht auch? Sehr lang, sehr ausgefallen und, was das Wichtigste ist; äußerst verlockend. Verlockend dazu, das Buch in die Hand zu nehmen und herauszufinden, was es mit diesem Titel denn nun auf sich hat.

Und wenn man dann den Klappentext gelesen hat, weiß man, dass der Titel eine sehr treffende Kurzbeschreibung vom Inhalt des Romans ist - und will Genaueres wissen bzw. das ganze Buch lesen. So ging es jedenfalls mir.


Wir blättern die ersten Seiten um und beginnen zu lesen......

.....und befinden uns schlagartig im Jahr 1819 an Bord des Piratenschiffs "Flying Rose", das von der berüchtigten Piratin Mad Hannah Mabbot befehligt wird. Wir, das sind der Leser und Owen Wedgewood. Owen, der als Gefangener zunächst seine Zeit in einer Zelle auf dem Schiff verbringen muss und dort seine Erlebnisse für die Nachwelt in ein Tagebuch schreibt.

Der komplette Roman besteht nur aus Tagebucheinträgen von Owen, der ein angenehmes Leben als Koch bei Lord Ramsey in England führte - bis Hannah kam, ein Blutbad anrichtete und Owen entführte. Abgebrüht, wie sie nun mal ist, ließ sie es sich nämlich nicht nehmen, nach diversen Morden (unter anderem an Lord Ramsey) kurz noch das Essen, das gerade zuvor aufgetragen wurde, zu probieren, erkannte, dass hier ein Meister am Werk war - und entführte diesen kurzerhand auf ihr Schiff.

Owen, der sehr beherrscht und träge und ein wenig britisch blasiert daherkommt, versteht die Welt nicht mehr. Er auf diesem Schiff mitten im Ozean mit einer Horde von Wilden? Wo soll das nur hinführen? ....und so hat er im Grunde schon mit seinem Leben abgeschlossen.

Dann kommt es allerdings richtig dicke für ihn: Hannah verlangt von ihm, ihr jeden Sonntagabend ein exquisites Drei-Gänge-Menü zu kochen. Es soll ausgefallen sein und es darf sich niemals wiederholen. Eigentlich eine leichte Aufgabe für Owen. Wenn man sich allerdings die Tatsache vor Augen führt, dass die Zutaten 1819 auf einem Piratenschiff mehr als begrenzt sind, scheint für Owen alles verloren. Denn sollte er Hannah enttäuschen, wird er über Bord geworfen. Entweder am Stück oder in mehreren Teilen. - Owen muss also um sein Leben kochen und aus Nichts eine Gaumenfreude zaubern.

.....und dem Leser wird schlagartig die Bedeutung des Titels, der passender nicht sein könnte, klar.

Was bleibt Owen also anderes übrig? Richtig, er plant seine Flucht. Denn erstens ist er für ein Leben auf dem Wasser überhaupt nicht gemacht und zweitens hat er gesehen, wie Hannah seinem Arbeitgeber Lord Ramsey eine Kugel in den Kopf jagte. Einfach so. Über das Maß an Grausamkeit, das in ihr steckt, macht er sich somit keinerlei Illusionen. Nun merkt der Leser allerdings, dass Owen als Koch ein Genie ist - im praktischen Denken jedoch eher nicht.

Owen muss also kochen. Und er kocht so, dass einem als Leser das Wasser im Mund zusammenläuft. Ich sagte ja schon: in dieser Hinsicht ist er ein Genie.

Jeden Sonntagabend speist er nun mit Hannah in deren Kajüte und dabei lernen sowohl Owen als auch der Leser nach und nach die wahre Hannah kennen, legen ihre Vorurteile der wilden Piratentruppe gegenüber ab und können Hannahs Beweggründe, den Piraten "Brass Fox" über alle Weltmeere zu jagen und die große Handelsgesellschaft Pendleton Trading Company zerstören zu wollen absolut nachvollziehen.


Denn in dieser Geschichte geht es nicht nur ums Kochen. Es geht viel mehr um die verschiedenen Facetten der Menschlichkeit und des Miteinander. Um bedingungslose Liebe auch über den Tod hinaus, um große Gefühle und um Zusammenhalt. Aber auch um Korruption und Machtmissbrauch. Die Guten werden zu den Bösen und die Piraten, obwohl sie töten, ohne mit der Wimper zu zucken, mag man immer mehr.

Owen macht eine erstaunliche Veränderung durch. Waren zu Anfang seine Tagebucheinträge genau wie er träge, eher langweilig und geradezu arrogant, werden sie zunehmend - genau wie Owen - wagemutiger, frivoler und rebellischer.


Ich lese sehr gerne historische Romane und dieser war absolut anders als alle, die ich bisher kenne. Schon allein der Handlungsort auf der "Flying Rose" gefiel mir sehr gut, da man dank diverser Beschreibungen dieses Schiff richtiggehend vor Augen hatte. Das Untereinander der Protagonisten, dass das Umgehen miteinander so herausgearbeitet wurde, hat mich sehr positiv überrascht. Denn mal ehrlich: was erwartet man denn zunächst von einem Haufen Piraten? Saufen, Prügeln, Brandschatzen, Entern, Morden, Klauen. Okay, diese Aktivitäten kommen natürlich auch nicht zu kurz, aber die Fairness untereinander fand ich absolut bemerkenswert beschrieben.


Daher lautet MEIN FAZIT: 4/5 BÜCHEREULEN


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