HIRNGESPENSTER

von IVONNE KELLER


Knaur Taschenbuch Verlag der Droemerschen Verlagsanstalt (www.knaur.de)

Erschienen im September 2014

ISBN 978-3-426-51549-5

Format: Taschenbuch

Preis: 8,99 Euro

Seiten: 416



Ein Debütroman, der mich sehr schwer beeindruckt hat! Fesselnd, dramatisch, mitleiderregend und nur allzu nachvollziehbar. Ein Buch, bei dem ich lange überlegen musste, in welches Genre ich es packen möchte, da es in viele passt: Tragödie, Thriller, Familiengeschichte und Unterhaltung. Eine Geschichte, die einfach menschlich ist, in der der Leser zum Voyeur wird und unbedingt immer weiter hinter die Vorhänge der (meistens zur Schau gestellten) heilen Familienwelt gucken will.

Um drei Frauen geht es hier, deren Schicksale eng miteinander verbunden sind. Jede für sich leidet, schweigt und erträgt auf ihre Weise - so unterschiedlich und doch so ähnlich. Geht es doch irgendwie immer um die Liebe in allen erdenklichen Facetten. 

Hauptsächlich ist das Buch in der Ich-Form aus der Sicht von Silvie geschrieben. Silvie, die einst hungrig und neugierig auf das Leben war - bis zu jenem Unfall, bei dem...ja, was eigentlich passierte?
Zwei weitere Erzählstränge in der dritten Person handeln von Anna, Silvies Schwester, die vom Leben schlichtweg überfordert ist und von Sabina, die eigentlich gar nicht da sein sollte, sich mehr als einmal fehl am Platz vorkommt und von Silvie gehasst wird.
Diese drei Erzählperspektiven sind sehr gekonnt miteinander verwoben und nehmen den Leser von der ersten Seite an gefangen.

Man leidet geradezu mit Silvie, die in ihrem Körper gefangen ist und von Sabina, der ersten großen Liebe von Silvies Mann Johannes, gepflegt wird. Und man fragt sich immerzu: Was ist mit Silvie passiert? 
Man sieht stirnrunzelnd auf Sabina und denkt bei sich: Ich würde mich nicht aufopfern und diese offensichtliche Abneigung hinnehmen. 
Und man rätselt vor allem: Wo ist Anna? Anna, deren Leben in Rückblenden erzählt wird, die von einer Leukämie in eine unglückliche Ehe stolpert, die ihr Dasein nur mit Tabletten erträgt und die nach Silvies Unfall verschwunden zu sein scheint.

Die Autorin hat es mit "Hirngespenster" geschafft, den Leser gefangen zu nehmen und erst nach dem letzten Satz wieder frei zu lassen. Denn der Spannungsbogen wird hier konstant hochgehalten. Allerdings nur bis zum letzten Drittel, ab da steigt er immer weiter in die Höhe. Und dann der Schluss! Mit allem hätte ich gerechnet aber niemals damit. Obwohl eigentlich das ganze Buch über alles darauf hindeutet, ist man doch perplex. Ungläubig. Wie vor den Kopf geschlagen.
...und traurig, dass dieses Buch nun beendet ist. Und hoffnungsvoll, dass es noch mehr von Ivonne Keller zu lesen geben wird. Denn wenn sie eins mit dieser Geschichte bewiesen hat, dann, dass sie schreiben kann. 

MEIN FAZIT: Unbedingt lesen! 5/5 BÜCHEREULEN