DIE FALLE
von MELANIE RAABE
btb-Verlag der Verlagsgruppe Random House (www.btb-verlag.de)
Erschienen im März 2015
ISBN 978-3-44275-491-5
Format: gebunden
Preis: 19,99 Euro
Seiten: 352
"Die Falle" ist eines jener Bücher, die durch vielfältige
Werbung um den Erscheinungstermin herum scheinbar überall präsent sind, denn im März stolperte ich gerade im Internet ständig über Postings zu diesem Buch. Und eben diese starke Internetpräsenz
führt in den meisten Fällen dazu, dass potentielle Leser neugierig werden, was ja auch Sinn und Zweck des Ganzen ist.
Mich persönlich schreckt übermäßiges Werben allerdings eher
ab, da ich schon öfter die Erfahrung gemacht habe, dass gerade Bücher, die extrem hochgehypt werden, am Ende bei weitem nicht halten können, was die Werbung verspricht. Dennoch war da immer
wieder ein kleines Stimmchen im Hinterkopf, das der Meinung war, "Die Falle" müsse nun endlich mal gelesen werden, denn auf diversen Bücherblogs gab es ausschließlich positives Feedback zu diesem
Buch.....
....ich habe es dann in zwei Tagen durchgelesen, denn es ist
spannend und mitreißend, ja schlichtweg atemberaubend. Der Schreibstil der Autorin hat mich besonders zum Ende hin sehr beeindruckt, denn man kann die Angst und die Zweifel, die die
Hauptprotagonistin fühlt, zwischen den Seiten geradezu riechen. Melanie Raabe schreibt hier so "echt" dass man beim Lesen zeitweise das Gefühl hat, keine Luft mehr zu
bekommen.
Die Story ist originell, mal was ganz anderes und schon der
Klappentext schreit dem Leser entgegen: LIES MICH!!! LOS!!!
Worum es geht? Linda Conrads ist Ende 30, vermutlich
gutaussehend, reich, eine erfolgreiche Romanautorin - und hat einen heftigen psychischen Knacks. Angstzustände und Panikattacken bestimmen ihr Leben, denn 11 Jahre zuvor fand sie ihre Schwester
grausam ermordet auf und sah den Täter flüchten. Seitdem igelt sie sich in ihrem großen Haus ein und kann dieses seit eben 11 Jahren nicht mehr verlassen. Eines Tages zieht es ihr den Boden unter
den Füßen weg, als sie im Fernsehen den Mörder ihrer Schwester, der nie gepackt wurde, in Gestalt eines Journalisten erkennt. Sie beschließt, ihm eine Falle zu stellen, ihn zu einem Interview in
ihr Haus zu locken und ihn dort dazu zu bringen, zu gestehen.
Der Handlungsstrang von "Die Falle" spielt sich fast
ausschliesslich in Lindas Haus ab. Das mag ein wenig eintönig klingen, ist es aber nicht. Denn dieses Problem hat die Autorin geschickt gelöst, indem sie Linda ein neues Buch schreiben lässt und
dieses kapitelweise in die Handlung einstreut.
Linda schreibt normalerweise sehr erfolgreiche lyrische
Romane, schwenkt aber, um die perfekte Falle stellen zu können, ins Thriller-Genre ab und schreibt die Geschichte ihrer Schwester und den Mord an dieser auf. Dem vermeintlichen Mörder lässt sie
vor dem Interview ein Vorab-Exemplar zukommen und wartet anschliessend ab, wie er sich verhalten wird.....
Melanie Raabe versteht es sehr gut, durch ihre Schreibweise
beim Leser Gefühle wie Unwohlsein, Beklemmung und größte Aufregung hervorzurufen. Ihr einzigartiger Stil von immer rasanter werdenden Aufzählungen in einer Angst- oder Paniksituation lässt auch
den abgebrühtesten Leser nicht kalt, denn hier wird absolut grandiose Erzählkunst geboten.
Dennoch gibt es auch ein
"Aber".
Aber es gab meiner Meinung nach ein paar Ungereimtheiten in
dieser Geschichte. Dinge, die für mich einfach unlogisch waren und nicht zusammen passten.
Da wäre zum Beispiel Linda, die, wie schon erwähnt, ihr Haus
seit 11 Jahren nicht mehr verlassen hat. Um sich so dermaßen von der Aussenwelt abzuschotten, muss man psychisch schon sehr angeschlagen sein. Und so kommt Linda auch zunächst ängstlich und labil
herüber. Das ändert sich allerdings bald schon und hier kommen wir auch zum Grund, warum mir Linda das ganze Buch über unsympathisch blieb:
Sie hat ein ganzes Heer an Leuten "unter sich" (Gärtner,
Hausmädchen, Lektor, Agent) und wirkte im Umgang mit ihnen und auch im täglichen Leben auf mich zunehmend spleenig und exzentrisch. Denn mal ehrlich, ich kann mir beim besten Willen nicht
vorstellen, dass es für jemandem in Lindas isolierten Situation normal ist, sich darüber zu freuen, wenn andere Leute Geräusche in ihrem Haus machen und somit "Leben" in der Bude ist. Auch
die spätabendlichen alkoholgeschwängerten Spontanpartys mit ihrem Lektor, bei denen sie aus dem Lachen nicht mehr herauskommt, finde ich äußerst fragwürdig.
Andererseits schafft sie es dann aber nicht, auch nur einen
Fuß in den Garten, geschweige denn auf die Terrasse zu setzen und ist fast permanent melancholisch und düsterer Stimmung? Leidet unter Panikattacken und hat ständig
Alpträume?
Ihren neuen Roman scheint sie "mal eben" geschrieben zu
haben, ohne ihren Lektor überhaupt darüber zu informieren, dass sie auch "mal eben" das Genre gewechselt hat. Ich kann mir schwer vorstellen, dass Autoren/innen tatsächlich so arbeiten. In den 11
Jahren ihres "Hausarrestes" hat sie weder Interviews gegeben, noch war sie auf irgendwelchen Veranstaltungen. Lesungen zu ihren Büchern gab es natürlich auch nicht. - Aber nun regelt sie die
Sache selber und vereinbart über den Kopf ihres Verlegers hinweg einfach so einen Interview-Termin? Hmm.... schwer vorstellbar. Ganz zu schweigen von dem immensen Aufwand, den sie im Vorfeld
zwecks Vorbereitung auf das Interview betreibt. Sie nimmt also quasi von jetzt auf gleich ihr Leben in die Hand, nachdem sie sich vorher 11 Jahre lang von der Außenwelt isoliert hat. So ein
Verhalten passt meiner Meinung nach zu einer hochgradig exzentrischen Person, keinesfalls aber zu einer psychisch Erkrankten.
Zu ihren Eltern hat sie seit dem Tod der Schwester keinen
Kontakt mehr, wobei nicht ersichtlich wird, warum es überhaupt zu einem Bruch kam. Hält der trauernde Rest der Familie in solch einer Extremsituation nicht erst recht
zusammen?
Diese und noch später im Buch auftretende (für mich nicht
nachvollziehbare) Ereignisse haben mich ein wenig gestört, dennoch muss ich ehrlich sagen, dass mich "Die Falle" bestens unterhalten hat.
Daher lautet MEIN FAZIT: 4/5
BÜCHEREULEN
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