WINTERAPFELGARTEN
von BRIGITTE JANSON

List Taschenbuch Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH (www.list-taschenbuch.de)
Erschienen im Oktober 2014
ISBN 978-3-548-61230-0
Format: Taschenbuch
Preis: 9,99 Euro
Seiten: 336


Wenn man mit 51 unverschuldet die Kündigung bekommt, dann ist das verständlicherweise ein herber Schlag. Wenn man diese Kündigung allerdings bekommt, weil man angeblich zu alt ist, um den Kundinnen Antifalten-Creme zu verkaufen, dann ist das ein guter Grund, um komplett durchzudrehen. Erstmal. 

Claudia Konrad, 51, Parfümerie-Verkäuferin - pardon, EHEMALIGE Parfümerie-Verkäuferin -, hat sowieso schon keinen Grund zu jubeln, als sie durch eine jüngere und frischere Kollegin ausgetauscht wird: ihr feuriger, italienischer Liebhaber glänzt in der Regel durch Abwesenheit und ihre Tochter Jule, der durch einen Reitunfall sämtliche Chancen auf eine Profireiter-Karriere genommen wurden, zieht sich von der Welt komplett zurück.

Was also laut Klappentext ein wenig wie ein kurzweiliger Chick Lit Roman erscheint, ist schon ganz klar nach ein paar Seiten alles andere als das. Denn hier gibt es keine zuckersüße und mit Glitzer bestäubte Handlung. 
Hier geht es um Zusammenhalt. Um Freundschaft und füreinander da sein. Darum, jemanden zur Not auch zu seinem Glück zu zwingen und darum, seine Vorurteile zu überdenken. Um Herzlichkeit und darum, etwas zu wagen, einen Schlussstrich zu ziehen und einen Neuanfang zu machen. Nicht locker zu lassen und an seinen Träumen festzuhalten. Und vor allem geht es darum, an sich selbst zu glauben.

Claudia ist nun nach der Kündigung also auf einem absoluten Tiefpunkt und steht völlig neben sich. Halt findet sie in dieser Situation komischerweise bei einem Apfel. Ja, richtig! Ein Apfel. Ein glockenförmiger Apfel, den irgendwer auf einer Parkbank vergessen zu haben scheint und in den Claudia einfach 'reinbeisst. Und zur Ruhe kommt. Ihre Situation überdenkt. Und verdammt noch mal herausfinden will, wie diese Apfelsorte eigentlich heißt.

Das Praktische an Hamburg, wo Claudia wohnt, ist ja nun mal, dass man nur auf die andere Seite der Elbe muss, um ins Alte Land zu kommen, jener Region, in der seit jeher Apfelplantagen bewirtschaftet werden, auf denen die verschiedensten Apfelsorten angebaut werden. Claudia überredet ihre beste Freundin Sara, mit ihr einen Ausflug ins Alte Land zu machen. Natürlich mit dem Hintergedanken, den Namen des glockenförmigen Apfels herauszufinden. 

Sara begleitet Claudia mit gemischten Gefühlen. Eigentlich ist sie der Meinung, dass Claudia sich dringend um ihre Tochter Jule kümmern sollte, die langsam aber sicher vor die Hunde geht. Nach ihrem Unfall hat sie keinerlei Freude mehr am Leben. Mit ihrem verkrüppelten Bein wird sie nie wieder reiten können, und so igelt sie sich ein, verlässt ihre Wohnung nicht mehr und will niemanden sehen. Aus dem einst so lebenslustigen Mädchen ist ein verbitterter Mensch geworden.
Claudia ist sich der Situation durchaus bewusst, weiß aber auch, dass sie Jule mit ein paar guten Worten nicht helfen kann. Vielleicht hat sie eine Vorahnung, als sie diesen Ausflug ins Alte Land plant, vielleicht ist es auch Zufall. Fakt ist: dieser Ausflug verändert das Leben einiger Menschen.

Das Leben Claudias, die gar nicht wusste, was alles in ihr steckt.
Das Leben Saras, die sich von ihrem Mann getrennt hat und plötzlich ihren Platz in der Welt und ihre Bestimmung findet.
Das Leben Jules, die merkt, dass sie alles kann, wenn sie nur will.
Das Leben Elisabeths, die eigentlich nur eine Spritztour machen wollte.
Das Leben eines griesgrämigen Bauern, eines vernachlässigten Teenagers, eines unglücklich verliebten jungen Mannes, eines verlassenen Mannes, eines gutmütigen Pferdes, eines traumatisierten Pferdes, eines dreibeinigen Schafes, eines blinden Hundes und diverser anderer Zwei- und Vierbeiner.

.....und das alles vor der wunderschönen Kulisse des Alten Landes, der reetgedeckten Häuser und weitläufigen Apfelplantagen. Dieser Roman ist wie ein Urlaub, der leider viel zu schnell vorbei ist. 
Noch dazu wunderbar geschrieben! Diese ganzen verschiedenen Charaktere, die in dieser Geschichte aufeinander treffen, lassen nicht ein einziges mal Langeweile aufkommen. Man sitzt mit Claudia, Sara und Elisabeth am Tisch beim Essen, man ist mit Jule im Stall und man schlendert durch den Garten mit seinen alten Apfelsorten. Man meint, den Duft der Äpfel zu riechen und bekommt einen Wahnsinns-Appetit darauf.

Winterapfelgarten ist ein Wohlfühl-Buch, definitiv! Daher lautet MEIN FAZIT: 5/5 BÜCHEREULEN 

 

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