BAUCHGEFÜHLE

von LENA HOOGE


Knaur Taschenbuch Verlag der Droemerschen Verlagsanstalt (www.knaur.de)

Erschienen im September 2014

ISBN 978-3-426-51472-6

Format: Taschenbuch

Preis: 8, 99 Euro

Seiten: 336



Ehrlich gesagt bin ich mit ein wenig gemischten Gefühlen an dieses Buch herangegangen, da ich wusste, dass es, auch wenn der Klappentext es zunächst vermuten lässt, kein typischer Chick Lit Roman sein sollte. Sondern anders. Ernster. Nachdenklicher. 
Was würde mich also erwarten? Küchenpsychologie in absichtlicher Spaßverpackung?
Mitnichten! - Viel besser! Der Autorin ist es gelungen, tiefgründige Themen so unterhaltsam und witzig zu beschreiben, dass man schon nach dem ersten Satz nicht mehr mit dem Lesen aufhören möchte. Tiefgründige Themen, mit denen sich jede/r Leser/in definitiv identifizieren kann, da sie alltäglich aber keineswegs langweilig sind. Man wird beim Lesen von der Autorin quasi dazu angehalten, seine eigene Einstellung zu überdenken und nicht direkt voreilige Schlüsse zu ziehen. Es findet also während des Lesens ein Umdenken statt, das einem aber in dem Moment gar nicht so richtig bewusst wird, da man viel zu sehr mit Lachen, Fiebern und Hungrigsein beschäftigt ist. Hungrigsein? Dazu kommen wir gleich....

Zunächst einmal hat es mich schon beim ersten Buch der Autorin, das sie unter ihrem richtigen Namen Andrea Hackenberg veröffentlicht hat, gefreut, dass sie genau so einen "Erster-Satz-Tick" hat wie ich. Der erste Satz muss 'reinknallen, Funken sprühen, zum Lachen animieren - kurz: er muss besonders sein!

"Zwischen zwei Bissen Seebarsch an Apfelschaum platzte Mari der BH vom Körper." - Und jetzt mal ernsthaft: wer würde hier nicht direkt weiterlesen? Eben!

Und obwohl die Hauptprotagonistin Mari direkt mit dieser Peinlichkeit in den Roman startet, ist sie eine sehr starke und in sich ruhende Persönlichkeit. Sie nimmt sich was sie will, sowohl im Bezug auf's Essen (Wen stört schon hier und da ein Pölsterchen? Mari stört es garantiert nicht!) als auch im Bezug auf Männer. Was sie nicht will, lässt sie liegen - sowohl das Essen als auch die Männer. Ihr ahnt es bereits: Mari halst sich keine Beziehung auf sondern bevorzugt One Night Stands. Unkompliziert muss es sein, daher versäumt sie es nicht, jedesmal vorher klar zu stellen, dass Frühstück, Liebesbezeugungen und Hinterhergejammere absolut unerwünscht sind. Schlampe! - Könnte man spontan denken. Aber ist sie das wirklich?

Simon, Maris Kollege (die beiden Glücklichen arbeiten als Restauranttester bei einer Gourmetzeitschrift) hatte das Vergnügen, eine Nacht mit Mari verbringen zu dürfen. Seitdem behandelt er Mari wie Luft. Arroganter Typ! - Aber vielleicht steckt ja auch ganz was anderes dahinter?

Ben ist ebenfalls ein spontaner One Night Stand von Mari. Attraktiv, unkompliziert, verständnisvoll. Ein Traummann! - Wenn Ihr wüsstet....

Maris Vater ist einem direkt unsympathisch: auf Erfolg und Aussehen getrimmt befindet er sich entweder bei der Arbeit oder im Fitnesscenter. Mari persönlich interessiert ihn nicht. Was ihn an seiner Tochter interessiert, ist ihr beruflicher Werdegang (da muss doch mehr möglich sein....) und ihre Figur (viel zu dick...). Ein egoistischer, hartherziger Mensch! - Tatsächlich? 

Kirsten, die Lebensgefährtin von Maris Vater, hat sich ihr Leben eigentlich ganz anders vorgestellt. Aber als (viel jüngere) Frau an seiner Seite richtet sie sich komplett nach ihm und verrät ihre eigenen Wünsche und Ziele. Naives Dummchen! - Oder doch nicht?

Welche Beweggründe jeden einzelnen Protagonisten im Endeffekt zu dem machen, was er ist und wie er ist, kristallisiert sich im Laufe der Geschichte heraus. Dem Leser werden einige Aha-Effekte beschert und Sympathien stehen plötzlich Kopf.

Zunächst einmal passiert Mari allerdings der Super-GAU: Sie ist schwanger. Erstens mal passt ihr ein Kind gerade so gar nicht in die Lebensplanung und zweitens - selber schuld - weiß sie nicht, wer der Vater ist. Aber Mari wäre nicht Mari, wenn sie dieses Problem nicht mit (scheinbar) kühlem Kopf und (äußerlicher) Ruhe lösen würde.

Hier geht es also wirklich um ernste Themen, die allerdings so frech und spritzig beschrieben sind, dass es eine wahre Freude ist, das Buch zu lesen. Ein gut getarnter Lebenshilfe-Ratgeber? Hm...vielleicht. „wink“-Emoticon

Und zum Thema "Hungrigsein": Gemein! Einfach nur gemein! 
Im Bezug auf Maris Arbeit werden hier so viele ausgefallene und mit Sicherheit leckere Gerichte erwähnt, dass ich noch während der Lektüre überlegt hatte, das Buch im Restaurant weiterzulesen.
Übrigens habe ich auch seitdem einen Wahnsinnsappetit auf Spargel....

MEIN FAZIT: aufgenommen in den Kreis meiner Lieblingsautorinnen. 5/5 BÜCHEREULEN